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Xxi. §. 5. Kreuzzug wider die Wenden.
senherzögen eingesetzten Markgrafen im Wendenland und die Erz-
bischöfe von Magdeburg hatten nun fast hundert Jahre hindurch zu-
gesehen, wie alle christlichen Stiftungen im Wenden lande zwischen
Elbe und Oder immer auf's Neue wieder von den empörten Heiden
vernichtet wurden, also daß auf dem rechten Elbufer nur gar wenig
Christen zu finden waren. Als nun Bernhard von Clairvaux
im Namen des Papstes Eugen die Deutschen zur Kreuzfahrt nach
Jerusalem aufforderte, antworteten mehrere norddeutsche Fürsten ganz
verständig: sie hätten Heiden genug in der Nähe zu bekämpfen und
brauchten deshalb nicht erst nach Asten zu ziehen. Dem frommen
Bernhard war solche Antwort höchst befremdend. Er hatte gar
nicht geglaubt, daß an den Grenzen, ja eigentlich im Schooße des
deutschen Reichs die Heiden seit Jahrhunderten von den christlichen
Fürsten in Ruhe gelassen wurden. Er strafte die Fürsten hart ob
solcher Säumigkeit und betrieb jetzt selbst die Unternehmung eines
Kreuzzuges gegen die heidnischen Wenden mit größtem Eifer. Die-
selben Gnaden und Segnungen wie den Kreuzfahrern gegen Jeru-
salem sollten denen zu Theil werden, die das wendische Kreuz näh-
men (1147). Es war ihrer eine ziemlich bedeutende Zahl, an der
Spitze der Herzog von Sachsen Heinrich der Löwe und dessen
Schwiegervater Herzog Konrad von Zähringen (dessen Besitzungen
im Elsaß, Baden, Schweiz und Burgund zu suchen sind). An 100,000
Streiter zogen mit ihnen. Sie theilten sich in zwei Haufen. Der
eine wandte sich gegen Niclot, den Obotritenfürst, dessen Reich an
dem Ufer der Ostsee entlang etwa von Lübeck bis nach Stralsund
reichte. Der andere zog von Magdeburg aus gegen die untere
Oder. Große Kriegsthaten sind freilich nicht geschehen; aber der
Hauptzweck des Zuges wurde erreicht. Der Schrecken über solch ein
gewaltiges, von kirchlichem Eifer erfülltes Heer war unter den Wen-
den so groß und wirkte so nachhaltig, daß überall das Christenthum
ohne Widerstreben zugelassen wurde. Ueberall wurden Kirchen und
Klöster, Domstister und Schulen neu gegründet oder wiederhergestellt;
Priester und christliche Ansiedler aus Deutschland kamen in's Land;
der Herzog von Sachsen und seine Grafen konnten ungestört und
mit fester Hand die christliche Herrschaft führen, und wenn auch lang-
sam, so ging doch Schritt vor Schritt das bisher so widerspenstige,
rohe, abgöttische Volk einer völligen Umwandlung entgegen. Der
letzte heidnische Tempel, der umgestürzt wurde, war der Tempel des
Svan tev i t auf der Nordspitze Deutschlands, zu Arcona auf Rügen;
er wurde 1169 von den Dänen zerstört.
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Extrahierte Personennamen: Bernhard_von_Clairvaux Eugen Bernhard Heinrich_der_Löwe Heinrich Konrad_von_Zähringen Konrad
Xxiv. §. 1. Jesuiten und Inquisition.
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von geistlichen Uebungen, als Fasten, Gebete, Betrachtungen, Selbst-
prüfungen, Entschlüsse, Gelübde, die zu bestimmter Zeit und nach fest-
stehender Regel mit einander wechselten. Zum zweiten aber in der
feindlichen Welt. Und da wollte der tapfere Kriegsmann zuerst nach
Weise der alten Kreuzfahrer im gelobten Lande gegen die Türken
den Kampf beginnen. Er reiste wirklich nach Jerusalem, und gewann
später, da er auf der Universität zu Paris seine theologischen Studien
machte, eine kleine Schaar Gefährten für denselben Zweck. Da sie
aber (1537) nach Venedig kamen, um ihre Wallfahrt nach Jerusalem
zu beginnen, fanden sie bald, daß das für jetzt unmöglich und auch
unnütz sei. So entschlossen sie sich denn, als eine Compagnie Jesu ihre
Dienste dem Papst anzubieten, zu unweigerlicher und uneigennütziger
Ausführung aller seiner Befehle, in jedes Land wollten sie gehen,
zu Türken, Heiden und Ketzern, wohin er sie senden werde. Der Papst
nahm keinen Anstand, diese eifrige und thatkräftige Verbindung zu be-
stätigen (1540). Er sah auf der Stelle, welchen Nutzen er von ihr
werde ziehen können. Einen solchen Orden hatte es noch nie gegeben.
Wie weit lag die stille Beschaulichkeit der alten Einsiedler und Klöster-
mönche, wie weit die gemüthliche Volkspredigt der Bettelmönche von
den Tendenzen dieser kriegerischen Ordensbrüder fern. Schnell hatte
ihr geistlicher Eifer, ihre beredte Predigt, ihr geschickter Unterricht,
ihre Selbstverleugnung in der Krankenpflege, zahlreiche Anhänger her-
beigezogen. Da ließ sich Ignaz förmlich zum Hauptmann, vielmehr
zum General der ganzen Verbindung ernennen. Ihm war Alles zu
militärischem, pünktlichem, unbedingtem Gehorsam verpflichtet. Klöster
zu errichten, erschien als unwesentlich, Klostertrachten und Klosteran-
dachten waren von keiner Wichtigkeit — die Hauptsache war: zu Felde
liegen gegen die Feinde des Papstthums, beständig in Bewegung, in
jeder Stadt, in allen Ländern, wohin auch immer der Dienst sie rufen
mochte, welche Forderungen auch an sie gestellt wurden. Vor Allem
erfüllten sie Spanien, ihr Heimathland, von Portugal aus zogen sie
schaarenweise nach den portugiesischen Besitzungen in der Heidenwelt,
nach Brasilien, nach Ostindien, nach China und Japan. Man fand
sie in Aethiopien, wie man sie in Deutschland und Frankreich fand,
wir werden ihnen in Schweden und Polen begegnen. Zur Heranbil-
dung neuer Ordensglieder (Professen) wurden hier und da Collegien
gegründet. Geistliche Coadjutoren oder Scholastiker leiteten die Un-
terweisung der Novizen, weltliche Coadjutoren sorgten für die äußeren
Angelegenheiten der Gesellschaft und ihrer Häuser. Jedes Talent wurde
brauchbar gemacht, jede eigenthümliche Begabung durste sich frei und
ungehindert entwickeln, aber alle wurden in strengster Unterwürfigkeit
unter die Befehle der Oberen nur auf das eine Ziel hingerichtet, wur-
den sorgfältig eingeübt mit allen Mitteln, guten und bösen, die eine
große Sache zu erstreben: Befestigung und Ausbreitung des Katholi«
cismus, Ausrottung aller Ketzer.
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Extrahierte Personennamen: Ignaz
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Paris Venedig Jerusalem Spanien Portugal Brasilien Ostindien China Japan Deutschland Frankreich Schweden Polen
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Xxi. §. 11. Kreuzzttge wider die Ketzer.
gefordert oder bestätigt sei. Daß der Papst auch diese nicht wollte
gewähren lassen, sondern ihnen ihr Schriftsorschen und Predigen ver-
bot, war schon kein Zeugniß eines guten Gewissens. Das kann keine reine
Sache sein, welche die Beleuchtung durch das Wort Gottes scheuen muß.
Noch schlimmer aber wurde es, als er gegen seine bessere Einsicht, an-
fänglich auch wohl gegen seinen Willen, von einflußreichen Kirchen-
häuptern gedrängt, Erlaubniß gab, daß die Secte der Albigenser,
bei denen mit der überwiegenden Wahrheit wohl noch viel Verkehrtes
sich mischte, im südlichen Frankreich durch förmliche Kreuzzüge in der grau-
samsten Weise mit Feuer und Schwert vertilgt und ausgerottet wurde.
Zn dem Verfahrengegen die Ketzer zeigt sich der sonst so gerechte,
milde und besonnene Innocenz von seiner allerschwächsten Seite.
Hier konnte man klar erkennen, daß der vermeintliche Stellvertreter
Gottes und Regent des Reiches Christi auf Erden, weit entfernt, über
der sündigen Menschheit zu stehen, vielmehr selbst ein schwacher sündi-
ger, dem Jrrthum unterworfener Mensch sei, der dem Geist und Wort
seines Herrn und Meisters völlig zuwider handle. Daß er den Frie-
den und die Einheit der Kirche nicht wollte stören lassen, daß er die
allmälige, geschichtliche Entwickelung der Christenheit und ihrer Ueber-
lieferung schirmen und fester halten wollte, war natürlich und recht.
Aber daß er, anstatt sich belehren zu lassen, die Bittenden von sich stieß,
daß er sogar die Reuigen erbarmungslos ihren Peinigern überlieferte,
ist ein unauslöschlicher Flecken seiner sonst so glanzreichen Regierung.
Schon seit längerer Zeit hatten die Bischöfe selbst oder eigens von
ihnen bestellte Leute das Amt, die Ketzer aufzuspüren und nicht bloß
mit schweren Bußübungen, sondern auch mit Gefängniß ja mit dem
Tode zu strafen — die Anfänge der Inquisition. Eben jetzt aber
stellte sich außer den gepanzerten Rittern und bewaffneten Knechten
der kirchlichen Gewalt eine noch ganz andere Armee zur Verfügung,
ein bettelndes Mönchsheer, Bettelm önch e, die, in allen Winkeln der
christlichen Länder umherschwärmend, in jedes Haus, in jede Familie
sich eindrängend, im lebhaften ununterbrochensten Verkehr mit dem Volk,
recht eigentlich die Vorkämpfer des Papstthums werden und für mehrere
Jahrhunderte bleiben sollten. Es waren dies die unter Jnno-
cenz Iii. gestifteten beiden Bettelmönchsorden der Fran zis caner und
Dominicaner. Die ersteren, von dem berühmten Franz von As-
sisi gestiftet, hatten zuerst die völlige Eigenthumlosigkeit als oberste
Regel ausgesprochen, die Dominicaner hatten es ihnen nachgemacht
und mehrere andere Orden folgten später demselben Beispiel. Der
heilige Dominicus hatte seinen Orden ursprünglich zum Predigen
wider die Ketzer, besonders die Albigenser, gestiftet (er nannte sich
deshalb auch Predigermönchsorden). Das Predigen und das
Bekämpfen der Ketzereien blieb auch späterhin das Hauptgeschäft der
Dominicaner. Wie segensreich hätten diese Orden wirken können,
wenn sie in der ihnen eignen Unermüdlichkeit und mit ihrer Aües um-
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Extrahierte Personennamen: Innocenz Innocenz Franz_von_As- Franz
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Frankreich Gottes Christi Fran